Von Niechorze (Horst) an der Küste nach Westen

Die insgesamt sieben Ortschaften der Gmina Rewal (Gemeinde Rewahl) haben jede ihren eigenen Charme; und es lohnt unbedingt, nicht nur die offiziellen Sehenswürdigkeiten zu bestaunen, sondern auch durch die Städtchen zu bummeln und das Flair auf sich wirken zu lassen. Dennoch werden diejenigen, die möglichst viel von ihrem Reiseland sehen möchten, ihren Besichtigungsradius vergrößern und etwas weiter die Küste entlang ziehen.

Denn die günstige Lange von Niechroze (Horst) erlaubt es, eine besonders große Umgebung des Urlaubsortes zu besichtigen, ohne allzu lange Anfahrten in Kauf nehmen zu müssen.

Direkt an der deutsch-polnischen Grenze liegt die Insel Wolin (Wollin) mit den beiden berühmten Seebädern Swinoujscie (Swinemünde) und Miedcyzdroje (Misdroy) sowie dem beachtlichen Nationalpark und einigen anderen, nicht weniger sehenswerten Ortschaften.

Auf dem Weg zurück ist auch der Besuch einiger kleinerer Badeorte lohnend. Insgesamt bietet die Strecke am westlichen Teil der westpommerschen Küste hochinteressante Ausblicke, die nicht nur Naturfreunde begeistern: Abschnitte mit steilen Kliffs wechseln ab mit flachen, feinsandigen Buchten, und immer wieder fällt der Blick auf schilfumstandene kleine Seen. Zudem ist die gesamte Strecke geprägt von Wäldern, in denen hauptsächlich Kiefern, aber auch Birken wachsen.

Insel Wolin (Wollin)

Die Odra (Oder) fließt entlang der Grenze zwischen Deutschland und Polen. Vor ihrer Mündung teilt sie sich in ein großes Delta, das Zalew Szczecinki (Stettiner Haff). Die beiden Mündungsarme heißen jetzt Swina (Swine) im Westen und Dziwna (Dievenow) im Osten. Dazwischen liegt – recht gut eingepasst übrigens – mit der beachtlichen Fläche von 265 Quadratkilometern die Insel Wolin (Wollin).

Die Insel hat eine ähnlich bewegte Vergangenheit wie das polnische Festland. Kurze Phasen der Selbstständigkeit wechseln ab mit der Zugehörigkeit zu Schweden, Preußen, Dänemark, dem Deutschen Reich und schließlich seit 1945 zu Polen. In der Vergangenheit spielten wirtschaftliche und geographische Gesichtspunkte eine Rolle bei den Begehrlichkeiten der fremden Nationen. Heute ist es zunächst die traumhaft schöne und weitgehend unberührte Natur, die ihrerseits die Grundlage bildet für den kürzlich wieder erstarkten Tourismus.

Und die Landschaft auf Wolin ist in der Tat ungeheuer abwechslungsreich: Moorgebiete und hohe Sanddünen, flache Badestrände und steile Klippen, feinste Sandflächen und zerklüftete Kreidefelsen, scheinbar endlose, oft urwaldähnliche Regionen, riesige Findlinge und stille Seen.

Die Insel ist mit Ausnahme der größeren Orte recht dünn besiedelt. Allein dadurch konnte sich hier eine Fülle seltener Tiere und Pflanzen erhalten. Hinzu kommt, dass man bereits 1960 ein sehr großes Gebiet der Insel, mit 11.000 Hektar etwa ein Fünftel der gesamten Insel, unter Naturschutz stellte – so entstand der Wolinski Park Narodowny (Wolliner Nationalpark). Selbstverständlich dürfen ihn Besucher besichtigen, ebenso selbstverständlich sollte es sein, dass sie sich dabei streng an die Richtlinien halten und die vorgegebenen Wege keinesfalls verlassen. Denn die einzigartige Tier- und Pflanzenwelt ist doch sehr sensibel und daher unbedingt schützenswert.

Wolin (Wollin)

Die Stadt Wolin (Wollin) am südöstlichen Ende der gleichnamigen Insel hat knapp 5.000 Einwohner. Wer jedoch meint, ein städtisch brodelndes Treiben vorzufinden – verglichen etwa mit den weitaus kleinen Ortschaften der Gmina Rewal – sieht sich getäuscht. Denn hier hat sich trotz der Öffnung zum Tourismus ein beschauliches Dasein erhalten.

Historische Bauten

Dabei hat die Stadt allerlei zu bieten. Prunkstück ist ohne Zweifel die St.-Nikolaus-Kirche ganz in der Nähe des neugotischen Rathauses. Teile davon stammen noch aus dem 14. Jahrhundert. Nach der Übernahme durch die Protestanten wurde 1535 Jan Bugenhagen erster Pastor dort. Obwohl Polen heute durch und durch katholisch geprägt ist, hält man den bekannten Schüler Martin Luthers und Sohn der Stadt Wolin hoch in Ehren. Die Nikolaus-Kirche hatte im Zweiten Weltkrieg enorme Zerstörungen zu erleiden und blieb in diesem Zustand jahrzehntelang quasi als Mahnmal ähnlich der Gedächtniskirche am Berliner Ku-Damm bestehen. Allerdings entschloss man sich später doch zur Instandsetzung, die seit 2000 abgeschlossen ist.

Eine Stadtgeschichte zwischen Slawen und Wikingern

Die Ursprünge der gesamten Stadt liegen mehr als 1000 Jahre zurück. Im 8. oder 9. Jahrhundert gründeten Slawen eine Siedlung an der Stelle des heutigen Wolin, die sich sehr schnell zu einem bedeutenden Handelsplatz an der Ostsee entwickelte. Aus dieser Zeit stammen die Hügelgräber mit insgesamt 34 Orten zur Feuerbestattung. Viele tausend Urnen wurden hier beigesetzt.

Im Heimatmuseum gibt es viele Exponate aus der Anfangszeit mit den slawischen Bewohnern. Besonders stolz ist man in diesem Zusammenhang auf eine Nachbildung des viergesichtigen Gottes Swiatowid.

Jedes Jahr Anfang Juli findet in Wolin ein großartiges Wikingerfest statt, das die alten Zeiten wieder aufleben lässt. Ganz anders nähert man sich diesen scheinbar wilden Eroberern im Freilichtmuseum Skansen. Hier errichtet man nach und nach diverse Bauten – so etwa Häuser aus dem Frühmittelalter, Runensteine, ein beachtliches Einfahrtstor und verschiedene teils sehr großformatige Holzplastiken. Obwohl die Arbeiten noch längst nicht beendet sind, gibt ein Bummel durch das Dorf schon jetzt interessante Einblicke in das damalige Leben.

Die blühende Handelsstadt

Noch im 13. Jahrhundert war Wolin eine bedeutende Hansestadt sowie Sitz eines Bischofs. Aus dieser Epoche sind noch Reste der Stadtmauern erhalten. Sie kann keinen allzu großen Schutz geboten haben, denn zumindest von den Dänen ist überliefert, dass sie die Stadt immer wieder angriffen und belagerten. Der Bischof brachte sich schließlich in Kamien Pomorski (Cammin) in Sicherheit.

Das sagenhafte Vineta

Der Wohlstand hatte jedoch auch weniger greifbare Folgen, und zwar in Form einer Sage. Danach soll sich ganz in der Nähe des heutigen Wolin eine unglaublich reiche Stadt befunden haben, deren Einwohner dadurch so vermessen waren, dass sie sogar ihre Schweine aus goldenen Trögen fressen ließen. Und wie immer, wenn es um besonders vermögende Menschen gibt, dichtete die Legende ihnen unvorstellbaren Hochmut und besonders üble Engstirnigkeit an. Daraufhin erschien eine Meerjungfrau und ließ die gesamte Stadt in den Fluten versinken. Alle 100 Jahre erscheinen seither die Kaufleute und hoffen auf eine milde Gabe der jetzigen Bewohner.

Es hat tatsächlich an dieser Stelle eine blühende Hafenstadt gegeben namens Junneta – Ausgrabungen belegen dies. Durch Fehler beim Abschreiben wurde aus dieser Bezeichnung Vineta. Heute kennt jeder zumindest auf der Insel Wolin die Sage von der schlimmen Bestrafung, der die Bewohner zum Opfer fielen.

Bei aller Beschaulichkeit und bei den historischen Reizen, über die Wolin zweifelsfrei verfügt, ist die kleine Stadt doch durchaus auch im Jetzt angekommen. So finden die Wassersportler, speziell die Segler, hier nicht nur ein ausgezeichnetes Revier, sondern auch beste Rahmenbedingungen vor.

Świnoujście (Swinemünde)

In völligen Kontrast zu Wolin steht Świnoujście (Swinemünde), wenn auch beide auf der Insel Wollin liegen – die Namenspatin allerdings im Südosten und Świnoujście (Swinemünde) im Nordwesten. Und damit nicht genug: Diese lebhafte Touristenstadt ist auf insgesamt 44 Inseln verstreut – das allein ist schon eine Sensation! Jedoch sind lediglich drei wirklich bedeutsam.

Die drei wichtigsten Inseln

Auf dem kleinen polnischen Teil von Usedom hat sich das Kurzentrum von Świnoujście (Swinemünde) angesiedelt mit Sanatorien, Kliniken, einer schönen Kurpromenade und etlichen Kureinrichtungen. Dagegen befinden sich auf Wolin viele Geschäfte, das Industrieviertel sowie der Bahnhof. Als Verkehrsmittel zwischen den einzelnen Inseln dienen (kostenlose) Fähren, die nicht nur regelmäßig, sondern auch häufig verkehren.

Die dritte Insel, nämlich Karsibór (Kaseburg), hat viel von ihrer wirtschaftlichen Bedeutung verloren. Genau genommen ist sie erst seit 1880 eine Insel, als der Bau des Kanal Piastowski (Kaiserfahrt) beendet war, und so die Swina (Swine) mit dem Stettiner Haff verbunden ist. Man hatte sich zum Bau dieses Kanals entschlossen, weil die Hochseeschiffe nur sehr schwer durch die unwegsamen Fahrwaser der Swine zu manövrieren waren. Heute wirkt Karsibór (Kaseburg) ein wenig ländlich und dennoch edel mit seinen zauberhaften reetgedeckten Fischerhäusern. Trotzdem gibt es auch hier einige Überreste aus alten Prunkzeiten zu besichtigen: Immerhin belegt eine Münze aus dem Jahr 718, dass die heutige Insel damals ein lebhafter Handelsplatz war. Insgesamt kann man hier herrlich entspannen und mit ein wenig Glück auch die zahllosen Vögel beobachten, die sich in den schilfbewachsenen Uferbereichen angesiedelt haben. Sie haben hier ein völlig ungestörtes Leben, denn man hat diese Gegend als Vogelschutzgebiet ausgewiesen. Hier gibt es neben anderen Raritäten auch den Seggenrohrsänger.

Die interessante Lage hatte Vor- und Nachteile

An der Stelle des heutigen Świnoujście (Swinemünde) gab es schon im 12. Jahrhundert eine Siedlung. Ihre Bewohner lebten von Landwirtschaft, Fischfang sowie von den Einnahmen aus der gepachteten Fähre über die Swine. Immerhin war die Lage der kleinen Ortschaft der Obrigkeit wichtig genug, um hier 1230 eine Schutzburg zu errichten und außerdem Zölle zu erheben. Die Schweden, die nach dem 30-jährigen Krieg die Herrschaft über Swinemünde erhielten, wollten den Schiffsverkehr nach Stettin lieber durch die Peene leiten und ließen die Swine versanden. Noch heute sind immer wieder Bagger im Einsatz, die das Fahrwasser tief genug halten, wobei der Fluss jedoch für die Schifffahrt inzwischen an Bedeutung verloren hat.

Dem Wirken Friedrichs des Großen gut 100 Jahre später ist es zu verdanken, dass Swinemünde überhaupt eine funktionstüchtige Hafenanlage erhielt und heute noch hat. Denn der König hatte eine Pfahlanlage errichten lassen, die für die weitere Entwicklung der Stadt von immenser Bedeutung war.

Denn sie wuchs sehr schnell, weil sich immer mehr Händler, Handwerker und auch Gastwirte hier ansiedelten, die vom und mit dem Hafen lebten. Ende des 18. Jahrhunderts gab es auch eine Kirche und eine Schule, und im 19. Jahrhundert blühte die Stadt regelrecht auf. Zugleich entschloss man sich zur Konstruktion der Molen, die dem Hafen zusätzlichen Schutz vor Versandung und Stürmen boten. Mit dem Bau der beiden Kanäle Mellinfahrt und Kaiserfahrt schuf man zwar die Möglichkeit, schneller und mit geringerem Risiko durch den trotz allem bedrohlichen Sand in der Swine zum Stettiner Haff zu gelangen, zugleich schmälerten diese Wasserwege aber auch die Bedeutung des Hafens von Swinemünde. Denn die Schiffe liefen jetzt den von Stettin direkt an.

Die Entwicklung des Tourismus

Für die Swinemünder ergab sich jedoch fast zeitgleich ein neuer Betätigungszweig: der Bäderbetrieb. 1824 hatte man de ersten Solevorkommen entdeckt und schnell die heilsame Wirkung des Salzes speziell bei Erkrankungen der Atemwege, aber auch bei Herz-Kreislauf-Problemen erkannt. Der Kur- und Badebetrieb wuchs von Jahr zu Jahr. Nach 626 Gästen in der Anfangssaison waren es kurz vor dem Ersten Weltkrieg bereits über 40.000. Ein Bade- oder Kuraufenthalt in Swinemünde war nicht nur bekömmlich, sondern galt auch als besonders chic. Filmgrößen wie Marlene Dietrich, die sich regelmäßig hier aufhielt, trugen ebenfalls zum Ruhm des Seebades bei.

Nach enormen Zerstörungen, die das Seebad noch in den letzten Kriegsmonaten 1945 heimsuchten, besann sich die (inzwischen polnische) Obrigkeit zunächst auf die wirtschaftliche Versorgung der Bürger. So entstand 1948 eine Hochseefischereibasis. Erst gegen Ende der 1950er Jahre begann man mit der Instandsetzung der Gebäude. Zeitgleich verließ die russische Armee das Kurzentrum von Świnoujście (Swinemünde) – die Wiederbelebung des Seebades konnte beginnen. Seit dem Zusammenbruch des Sozialismus kommen verstärkt Deutsche in das nach wie vor elegante Seebad – die Nähe zur deutschen Grenze wirkt besonders belebend. Allerdings sind in es jüngster Zeit auch viele Russen, die sich vom Glanz alter Zeiten verzaubern lassen und hier einige erholsame Wochen verbringen.

Viele Events zur Unterhaltung der Gäste

Entsprechend prall gefüllt ist der Kalender mit Events und Veranstaltungen aller Art, die speziell während der Sommermonate in Świnoujście (Swinemünde) stattfinden. In Erinnerung an die alten Glanzzeiten des Hafens und unter Berücksichtigung seiner modernen, touristischen Bedeutung gibt es hier Ende Juni die Hafentage mit vielen maritimen und sonstigen Attraktionen. Dazu gehört regelmäßig auch eine Regatta. – Ein wenig weiter landeinwärts angesiedelt ist die Meisterschaft der Sandbildbauer Mitte Juli. Hier sind wahre Künstler am Werk, die sehr beachtliche Werke schaffen. – Wer es lieber musikalisch mag, wird sich von den Orgelabenden begeistern lassen oder besucht WIATRAK, wo junge polnische Shanty-Sänger ihr Können präsentieren. – Auch das deutsch-polnische Jazzfestival zieht alljährlich viele Fans auf den Usedomer Teil von Świnoujście (Swindemünde).

Selbstverständlich dürfen in einem Seebad auch die typischen allgemeinen Veranstaltungen nicht fehlen, die sich mit dem Meer, seinen Heilkräften und auch den möglichen Gefahren beschäftigen. Interessante entsprechende Vortragsreihen gibt es allerorten.

Historische Bauten in Świnoujście (Swinemünde)

Wer sich mehr für die Bauwerke der Vergangenheit interessiert, kommt in Świnoujście (Swinemünde) ebenfalls auf seine Kosten. Beim historischen Rathaus aus dem frühen 19. Jahrhundert wird man in doppelter Hinsicht belohnt. Das Bauwerk als solches ist mit dem schönen Turm und der Uhr allein schon sehenswert. Aber derzeit ist in den Räumen auch das Museum für Hochseefischerei untergebracht, das den Wirtschaftszweig beleuchtet, der kurz nach 1945 für einen gewissen Wohlstand im Ort gesorgt hat. Hier sieht man alte Instrumente und Ausstattungsgegenstände; außerdem gibt es Wissenswertes über die Meeresbewohner – und eine große Portion Stadtgeschichte ist obendrein zu entdecken.

Die Kościół Chrystusa Króla (wörtlich: Christ-König-Kirche, meist als Christuskirche bezeichnet) war bei ihrer Entstehung im späten 18. Jahrhundert als protestantisches Gotteshaus geplant. Inzwischen dient sie den Katholiken als Kirche. Seit dem kompletten Umbau mit neugotischen Zügen im Jahr 1881 hat auch das Innere tiefgreifende Änderungen erfahren. Jetzt gibt es hier etliche, mehrere Meter hohe Holzplastiken. Besonders schön kommt jedoch die Verbindung zum Meer darin zum Ausdruck, dass an der Decke über dem Mittelgang die Nachbildung eines zwei Meter langen Votivschiffes hängt – eine Faszination für jeden Besucher.

Dieses Thema wird ganz in der Nähe des Rathauses aufgegriffen, und zwar an der plac Rybacka (Fischerplatz). Hier erinnert ein Denkmal an die auf See Umgekommenen.

Weitaus martialischer sind die Festungsanlagen auf beiden Seiten der Swina (Swine). Zunächst staunt der Besucher über riesige Wellenbrecher, die das Land vor den Bedrohungen durch das Meer schützen. Wenige Meter daneben ragen gewaltige Forts auf – sie dienten dem Schutz vor feindlichen Angriffen. Man kann sie teilweise auch von innen besichtigen und Waffen sowie historische Dokumente bestaunen. Es ist noch darauf hinzuweisen, dass sich die Erbauer im 19. Jahrhundert auch viel Mühe mit dem äußeren Erscheinungsbild gegeben haben. So ist das westlich liegende Fort einem römischen Vorbild nachempfunden.

Die Stadt am Meer brauchte und braucht einen Leuchtturm

Etwas außerhalb von Świnoujście (Swinemünde), nämlich an der nordwestlichen Spitze der Insel Wollin, ragt der Leuchtturm empor. Noch einige Jahre nach seiner Fertigstellung im Jahr 1857 war er mit seinen 68 Metern der höchste weltweit. Inzwischen haben ihm selbstverständlich einige andere den Rang abgelaufen, aber jetzt ist er zumindest der höchste nicht nur in Polen, sondern an der Ostsee überhaupt. Beim Bau hat man an nichts gespart: 300 Stufen führen zur Aussichtsplattform hinauf, die einen phantastischen Fernblick garantiert. Im ersten Stock befindet sich ein Museum, in dem es allerlei maritime Raritäten zu bewundern gibt – so auch eine seltene Seekarte aus dem Jahr 1610.

Ein paar Kilometer südlich von Świnoujście (Swinemünde), in Warszow, gibt es der Sage nach den Vorgänger dieses Leuchtturms. Hier sollen nämlich die Feuerwächter auf einem Hügel ein großes Feuer entzündet und bewacht haben, das den Schiffen den Weg wies. Die Männer mussten sich natürlich von ihrer anstrengenden Arbeit ausruhen, was sie angeblich unter einer riesigen, uralten Eiche taten. Zumindest dieser Baum ist real und macht einen imposanten Eindruck.

Das eindrucksvolle Kurviertel

Diejenigen, denen all diese Besichtigungsvorschläge zu viel sind, und die lieber die Atmosphäre einer Stadt auf sich wirken lassen, sollten beim Bummel durch Świnoujście (Swinemünde) keinesfalls das Kurviertel auf Usedom auslassen. Immerhin ist es dieser Bereich, der seit den frühen 1990ern, spätestens jedoch seit dem Beitritt Polens zur EU, das internationale Publikum begeistert.

Der kilometerlange weiße Strand ist hier durch eine Dünenkette von der Stadt abgetrennt. Er ist stolze 150 Meter breit, was auch in der Hochsaison kein beengtes Gefühl aufkommen lässt. Die Kurpromenade, auf der es sich herrlich bummeln lässt, ist gesäumt von bildschönen Gebäuden aus der Zeit um 1900. Hotels, Pensionen, Sanatorien – fast alle weisen sie die typischen Merkmale der einzigartigen Bäderarchitektur auf, wie man sie nur noch selten findet. Zugleich gibt es hier alle Arten an gastronomischen Einrichtungen, außerdem bieten viele Händler ihre Waren an.

Auch der Park Zdrojowy (Kurpark) ist in Świnoujście (Swinemünde) etwas Besonderes. Der bekannte Gartenbauer Peter Joseph Lenné, der sich die meiste Zeit seines Schaffens im 19. Jahrhundert in preußischem Dienst befand, setzte ganz bewusst auch Pflanzen aus dem Mittelmeerraum ein. Sie verleihen dem Park ein exotisch-mondänes Flair. Allerdings ist heute auch der inzwischen um die 150 Jahre alte Baumbestand beachtlich.

Międzyzdroje (Misdroy)

Wenn man im Wolliner Teil von Świnoujście (Swinemünde) den schönen Sandstrand in östlicher Richtung entlanggeht, erreicht man nach 15 Kilometern Międzyzdroje (Misdroy). Aber selbstverständlich gelangt man auch aus anderen Richtungen und ohne Fußmarsch dorthin!

Der Aufstieg zum begehrten Seebad war lange nicht abzusehen

Międzyzdroje (Misdroy) gilt heute als d e r Badeort Polens schlechthin. Tatsächlich ist in den beiden Hochsommermonaten kaum ein Durchkommen, und Touristen mit den unterschiedlichsten Wünschen und Ambitionen tummeln sich hier. Teilweise genießen sie das abwechslungsreiche touristische Angebot, teilweise wollen sie sich aber auch nur im Schein der Reichen und Schönen sonnen, die einst den Ruf des Städtchens als mondänes Seebad begründeten.

Bereits aus dem 13. Jahrhundert gibt es Hinweise auf die Existenz von Międzyzdroje (Misdroy). Damals handelte es sich aber lediglich um ein winziges Dorf, in dem die wenigen Bewohner von Ackerbau und Fischfang lebten. Erst in den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts erwachte der Tourismus insgesamt und brachte Urlauber auch hierher. Es gab die ersten Pensionen und bescheidenen Hotels, aber noch deutete nichts darauf hin, dass sich der Ort später so enorm entwickeln würde. Allerdings war selbstverständlich das, was einen Badeort hauptsächlich ausmacht, auch damals bereits vorhanden: die wunderschöne Landschaft mit dem breiten und gut geschützten Strand.

Man muss jedoch bedenken, dass man im 19. Jahrhundert noch meilenweit entfernt war von einem Bade- und Strandleben, wie wir es heute kennen. Im Gegenteil: Wer tatsächlich baden wollte, begab sich in einen Badekarren, ein rundum geschlossenes Häuschen auf Rädern. Das wurde ein paar Meter ins Wasser gezogen, wo der oder die Badewillige zur Seeseite hin einige Stufen ins Wasser hinabstieg. Selbstverständlich gab es einen seitlichen Sichtschutz, damit auch wirklich niemand zusehen konnte. Dabei ist zu bedenken, dass die Badestrände ohnehin strikt nach Damen und Herren getrennt waren!

Komfort für die Reichen und Schönen

Was man in den Anfängen der Seebäder suchte, waren zwar gewiss auch Erholung und Abschalten vom Alltag. Aber man war vollständig angezogen, die Damen zudem durch einen Sonnenschirm geschützt, damit der zarte, helle Teint erhalten bliebe. Im 19. Jahrhundert war ein Urlaub fern des Wohnortes ohnehin nur für die gehobenen Schichten denkbar. Vermögende Berliner bauten nach und nach Villen in Misdroy, um auch während der Ferien nicht auf den gewohnten Komfort verzichten zu müssen.

Der Fremdenverkehr wuchs schnell: 1850 besuchten bereits 500 Urlauber den Ort – mit steigender Tendenz. Dadurch siedelten sich folgerichtig mehr und mehr Gastgeber an, was auch zu einer flächenmäßigen Erweiterung der Ortschaft führte.

Als Sensation ist der Bau des ersten Seestegs im Jahr 1865 anzusehen. Jetzt hatten die Urlauber die Möglichkeit, nicht nur über die Strandpromenade zu spazieren, sondern sich – auf sicherem Gelände, versteht sich – auch aufs Meer hinauszuwagen. Die Nachricht von dieser Einrichtung verbreitete sich rasend schnell, was automatisch für noch mehr Badegäste sorgte. 1906 verlängerte man den Seesteg auf stolze 360 Meter.

Ab 1865 verbesserte man auch die Anreisemöglichkeiten nach Misdroy: Ein Anleger für Passagierschiffe und eine Eisenbahnlinie sorgten dafür, dass immer mehr Urlauber den Ort bequem erreichen konnten. 1930 waren es immerhin schon über 21.000 Badegäste. Dazu zählten viele Größen aus Politik, Wissenschaft und Kultur, was automatisch viele andere folgen ließ.

Heute lebt der allergrüßte Teil der etwa 7.000 Einwohner direkt oder indirekt (als Händler oder Handwerker etwa) vom Fremdenverkehr. Nach Einbußen während der beiden Kriege im vergangenen Jahrhundert und der kommunistischen Herrschaft ab 1945 konnte man nach 1990 wieder an die vergangenen Zeiten anknüpfen. Auch hier in Międzyzdroje (Misdroy) hat man die alten Villen im herrschaftlichen Stil fast ausnahmslos erhalten – nur ganz vereinzelt fallen einige Bausünden ins Auge.

In der Nebensaison zeigt Międzyzdroje (Misdroy) seine wahre Schönheit

Gewiss fühlt sich nicht jeder von dem Trubel angezogen, den mehr als 500.000 Urlauber alljährlich in dem doch eher kleinen Ort verbreiten. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass die allermeisten Menschen in den beiden Sommermonaten hier sind. Außerhalb der Hochsaison geht es weitaus ruhiger zu. Dann kann man die architektonischen Schönheiten von Międzyzdroje (Misdroy) so richtig genießen: Ein Spaziergang über den Seesteg und die Strandpromenade lassen besonders in den ruhigen Jahreszeiten das elegante Fair aufleben. Auch beim Bummel durch den schönen Kurpark in unmittelbarer Nähe lässt es sich herrlich entspannen.

Viele interessante Sehenswürdigkeiten in Międzyzdroje (Misdroy)

Viele weltbekannte Persönlichkeiten – längst verstorbene wie auch aktuelle – sind zusammen mit aktuellen Stars und Sternchen im Wachsfigurenkabinett verewigt; wie man sieht, ist das nicht ausschließlich bei Madame Tussauds in London möglich! Moderne Schauspieler aus Film und Theater haben auf andere Weise für ihre Unsterblichkeit gesorgt: Auf dem Walk of Fame vor dem traditionsreichen Hotel Amber Baltic, wo jährliche Filmfestivals stattfinden, haben sie ihren goldenen Handabdruck in ebenfalls goldenen Bodenplatten hinterlassen.

Zwischen Kurpark und Strandpromenade liegt das Kulturhaus. Hier finden regelmäßige Veranstaltungen statt, und zwar nicht ausschließlich auf die Sommermonate begrenzt. Das internationale Chorfestival ist weithin bekannt und lockt immer zahlreiche Besucher an. Für naturwissenschaftlich Interessierte gibt es ganz in der Nähe das Oceanarium, ein beachtliches Meerwasseraquarium.

Und wer den Wolliner Nationalpark nicht selbst besichtigen oder das dort Gesehene nochmals eingehend erläutert haben möchte, ist im entsprechenden Museum bestens aufgehoben. Es verfügt über fünf Ausstellungsräume, in denen die Tier- und Pflanzenwelt Beachtung findet; aber auch die Geomorphologie der Insel sowie den Ostsee-Bernstein hält man zu Recht für erläuterungswürdig. Daneben gibt es die unterschiedlichsten Wechselausstellungen.

Woliński Park Narodowy (Wolliner Nationalpark)

Der Wolliner Nationalpark ist eins von insgesamt 23 solcherart geschützten Gebieten in Polen – eine beachtliche Anzahl. Er stammt bereits aus dem Jahr 1960, und liegt im Nordwesten der Insel Wolin. Damals war er knapp 4.700 Hektar groß.1996 vergrößerte man ihn auf inzwischen knapp 11.000 Hektar, indem man einen Küstenstreifen inkl. des Meeres östlich von Międzyzdroje (Misdroy) sowie die Inseln im Swine-Delta ebenfalls unter den besonderen Schutz stellte. Durch die Einbeziehung der Ostsee und die Tatsache, dass ebenfalls Teile des Stettiner Haffs und der Pommerschen Bucht dazu gehören, ist der Woliner Nationalpark einer der wenigen Meeresnationalparks überhaupt (und der erste seiner Art in Polen).

Abwechslungsreiche Landschaft mit reicher Fauna und Flora

Nicht zuletzt dadurch gestaltet sich die Landschaft ganz besonders abwechslungsreich. Das Gebiet des Parks wird beherrscht von einer eiszeitlichen Moräne, die immer wieder andere Ausformungen annimmt. Im nördlichen Bereich endet sie in einem Kliff, das die eigentliche Küstenregion vor stürmischen Winden schützt. Interessant daran ist, dass es aufgrund steter klimatischer und geologischer Veränderungen alljährlich etwa 80 Zentimeter zurückweicht. Im Süden gibt es die Lubin-Wapnica Hügel, an denen der Turkusowe See besondere Beachtung findet; denn er leuchtet in einem ganz ungewöhnlichen Türkis. Sehr interessant ist auch die Wolliner Seenplatte mit vier traumhaft schönen Seen. Hier tummeln sich unendlich viele Wasservögel.

Neben dem hohen Anteil an Gewässern im Wolliner Nationalpark gibt es hier auch enorm große bewaldete Flächen. Dabei herrschen die Buchenwälder vor, die sich im südwestlichen Teil des Parks zu Mischwäldern mit Eichen und Kiefern verändern. In den küstennahen Gebieten gedeihen sehr seltene Dünenpflanzen.

Viele Tierarten haben im Wolliner Nationalpark eine dauerhafte Heimat gefunden. Besonders beachtlich ist das Wisent-Reservat, wo man die sonst nahezu ausgestorbenen Rinder beobachten kann. Daneben sind die mehr als 200 Vogelarten erwähnenswert, darunter so seltene wie der Weißkopfseeadler. Manche Vögel sind nur auf der Durchreise vor ihrem alljährlichen Weiterflug in den Süden, andere haben sich die idealen Verhältnisse zu Brüten ausgesucht.

Drei verschiedene Wege stehen dem Touristen im Wolliner Nationalpark offen

Wer als Tourist den Nationalpark erkunden möchte, hat die Wahl zwischen drei unterschiedlichen Wegen, die alle bestens ausgeschildert sind. Der rote eignet sich für Liebhaber von Strand und Meer, denn er führt von Międzyzdroje (Misdroy) aus in östlicher Richtung fast immer am Strand entlang. Eintönig? Keineswegs! Hier sind zwar weitgehend menschenleere Strände, aber man passiert auch die imposante Steilküste mit ihren wild zerklüfteten Formationen. Zudem geht es vorbei am Aussichtspunkt Góra Kawcza (Kaffeeberg), einer gut 50 Meter hohen Erhebung, von er aus man den schönen Blick genießen sollte. Allerdings gelangt man etwas später zum Gosań, der noch ein wenig höher liegt, nämlich 95 Meter. Das eigentliche Ende der insgesamt 12 Kilometer langen Tour erreicht man in Wiselka (Neuendorf), wo es nicht nur die Möglichkeit zum Einkehren gibt, sondern von wo aus auch ein Bus die müden Wanderer zum Ausgangspunkt zurückbringt. Dennoch sollte man zuvor noch einen Abstecher zu Leuchtturm Kikut machen. der Weg dorthin passiert auch eine Stelle, an der sehr beachtliche Findlinge lagern – ein Relikt aus der Eiszeit.

Die zweite Wandermöglichkeit ist grün gekennzeichnet und führt den Besucher über 14,7 Kilometer hinweg von Międzyzdroje (Misdroy) durch die dichten Wälder bis nach Kolczewo (Kolzow). Auch von hier aus kann man den Bus zurück nehmen oder aber diese Route mit der rot markierten kombinieren und den Rückweg am Strand entlang wählen. Diese Wanderung führt auch zum Wisent- und zum Wildschwein-Reservat. Beide sind im Frühjahr besonders attraktiv, weil es dann Jungtiere gibt. Bis zu diesem Zeitpunkt läuft man durch dichte Wälder und erreicht schließlich den Jezioro Czajcze (Czajcze-See), den ersten der Pommerschen Seenplatte. Hier gab es im Frühmittelalter eine Siedlung, von der jetzt allerdings nichts mehr erhalten ist. Dafür ist ein hoher eiszeitlicher Felsen am Seeufer beachtenswert. Zwei weitere Gletscherseen liegen ebenfalls am Wegesrand: der Jezioro Zolvinskie (Zolwiski-See) und der Jezioro Kolczewo (Kolcewo-See). Es tut unglaublich gut, die imposanten Seen einfach nur zu betrachten und die wunderbare Stille dort zu genießen.

Der mit 22 Kilometern längste Wanderweg durch den Wolliner Nationalpark ist die blau ausgeschilderte von Międzyzdroje (Misdroy) nach Wollin. Es geht immer in südlicher Richtung durch nicht allzu dichte Wälder und durch kleine Dörfer zum ersten richtigen Highlight, dem Turkusowe See. Er liegt in einer Kreidegrube, deren Kalziumkarbonat dem Wasser die wunderschöne kräftig blau-grüne Farbe verleiht. Bei Sonneneinstrahlung sieht es übrigens noch toller aus. Wenn man etwas weiter den Góra Piaskowa (Sandberg) hochklettert, hat man einen unvergleichlichen Blick auf den See. Nur etwa zwei Kilometer weiter gibt es den nächsten Aussichtspunkt, den Zielonka-Hügel. Unterhalb liegt das Dorf Lubin, und dahinter sieht man bereits das Stettiner Haff schimmern – ein grandioser Ausblick. Parallel dazu geht der Wanderweg weiter durch den Wald bis zum Adam-Wodziczko-Reservat mit einer 600 Jahre alten Eiche, die im Volksmund Wolinianin (Eiche der Wikinger) heißt und einen Umfang von sage und schreibe sechs Metern hat! Von einzelnen Dörfern unterwegs kann man mit dem Bus zurück zum Ausgangspunkt fahren, natürlich aber auch die Wanderung bis zum offiziellen Endpunkt Wollin (bereits außerhalb des Nationalparks) fortsetzen und von da die Bahn zurück nehmen.

Umweltschutz, Bildungsmaßnahmen und Forschung

Neben dem Schutz der Natur hat es sich die Verwaltung des Wolliner Nationalparks zur Aufgabe gemacht, die Bevölkerung für die Umwelt zu sensibilisieren und zudem die wissenschaftliche Forschung in diesem Bereich voranzutreiben. Der Bildungsgedanke kommt im Naturmuseum zu Tragen, wo es nicht nur ausführliche Erläuterungen zu der uns umgebenden Natur gibt, sondern das auch diverse Projekte durchführt. Dabei wendet es sich auch und vor allem an die Jugend: Schulklassen zählen zu dem bevorzugten Zielgruppen, wenn es um Wettbewerbe, Lehrstunden im Freien und diverse Events geht. Man hat auch ganz bewusst Lehrpfade eingerichtet, die den Interessen der Jugendlichen entgegenkommen.

Daneben unterhält die Nationalpark-Verwaltung auch Forschungsstätten. Sie befassen sich vorrangig mit ornithologischen Fragen und dem Gewässerschutz. Außerdem steht man in engem Erfahrungsaustausch mit dem nur wenige Kilometer entfernten Nachbarn Deutschland.

Międzywodzie (Heidebrink)

Auf der schmalen Landzunge, die sich von der Insel Wollin dem polnischen Festland entgegenstreckt (das hier übrigens ebenfalls die Form einer schmalen Landzunge hat). liegt Międzywodzie (Heidebrink). Der kleine Ort besticht durch seine scheinbar endlosen schneeweißen Sandstrände. Nicht zuletzt deshalb nennt man ihn polnische Côte d‘ Azur.

Außerhalb der Hochsaison ist hier nicht allzu viel Betrieb, und die Besucher können ganz entspannt weitere Attraktionen des Dörfchens genießen. Die unmittelbare Nähe zum Zalew Kamineski (Camminer Bodden) etwa erlaubt eine fröhliche Bootstour dort. Wer lieber selber aktiv ist, kann sich auch ein Kajak mieten und auf eigene Faust lospaddeln.

Kamien Pomorski (Cammin)

Kamien Pomorski (Cammin) liegt mal eben 20 Kilometer entfernt von unserem schönen Niechorze, und zwar an der Dziwna (Dievenow), dem östlichen Mündungsarm der Oder. Der Fluss ist hier bereits recht breit, aber er muss sich noch durch die schmale Öffnung in der Landzunge bei Dziwnów (Dievenow) zwängen, bevor er die Ostsee erreicht.

Ein Kurort mit ausgezeichneten Luftwerten

Im Zalew Kamienski (Camminer Bodden) gibt es demnach Brackwasser mit einem deutlich geringeren Salzgehalt, als das Meer selbst zu bieten hat, und der zudem noch ständigen Schwankungen unterworfen ist. Zugleich ist in Kamien Pomorski (Cammin) ein deutlich erhöhter Anteil an Jod, Chrom und Brom in der Luft sowie in den Salzquellen und den Moorlagern nachzuweisen. Daher ist die Stadt mit ihren mittlerweile ungefähr 10.000 Einwohnern zu einem sehr beliebten Kurort mit vielfältigen Rehabilitations-Möglichkeiten geworden.

Das Städtchen war im Zweiten Weltkrieg Opfer ganz erheblicher Angriffe; aber die Schäden hat man rasch wieder behoben – erfreulicherweise haben die Stadtväter dabei fast immer auf die Plattenbauweise verzichtet und statt dessen die Gebäude im ursprünglichen Stil wieder aufgebaut. Speziell die Innenstadt besticht heute wie ehedem durch ihre Backsteinbauten, die ganz den Charme vergangener Jahrhunderte verströmen.

Beschauliche Gemütlichkeit vor alter Kulisse

Überhaupt hat sich in Kamien Pomorski (Cammin) eine gemütliche Ruhe erhalten, die scheinbar weder Stress noch Hektik kennt – die ideale Voraussetzung also für einen erholsamen Kuraufenthalt oder zumindest eine beschauliche Besichtigung der alten Schätze.

Denn davon gibt es hier viele und vor allem sehr bedeutsame. Immerhin blickt man auf eine ungewöhnlich lange Geschichte zurück: Schon im 9. Jahrhundert gab es an dieser Stelle eine erste Siedlung von slawischen Wollinern. Sie war jedoch über Jahrhunderte hinweg recht bedeutungslos und gelangte erst zu nennenswertem Ruhm, als 1176 Bischof Konrad I. seine Residenz von Wollin nach Cammin verlegte, wo sie sehr lange verblieb.

Imposante sakrale Bauten in Kamien Pomorski (Cammin)

Selbstverständlich musste dem Bischof und seinen Nachfolgern nun auch eine angemessene Kirche zur Verfügung stehen – man begann noch im selben Jahrhundert mit der Planung und dem Bau, die sich jedoch ungewöhnlich lange hinzogen und später immer wieder ergänzt wurden. Bei der Katedra Sw. Jana (St. Johannes-Kathedrale) handelt es sich um einen imposanten Backsteinbau, dessen Inneres als kreuzförmige Basilika im romanischen Stil konzipiert war. Bereits im 15. Jahrhundert fügte man aber die noch heute sichtbaren gotischen Elemente hinzu, die der Kirche die elegante und dabei gewisse Leichtigkeit dieser Epoche verleihen: schöne Fresken und die typischen Spitzbögen.

Insgesamt birgt die Kathedrale Kunstschätze aus mehreren Jahrhunderten; so etwa das spätgotische Taufbecken und den Hochaltar mit dem Triptychon von Veit Stoß aus dem späten 15. Jahrhundert. Die barocke Kanzel schließlich entstand wiederum etwa 200 Jahre später. Das Prunkstück der schönen Kathedrale in Kamien Pomorski (Cammin)

ist zweifelsfrei die gewaltige Orgel, an deren Vollendung im Jahr 1672, also im Barock, verschiedene Meister in Folge mitgewirkt haben. Sie verfügt über 47 Register mit 2.660 Stimmen und stellte damit alles bis dahin Bekannte in den Schatten. Das Äußere des Instruments ist ebenfalls sehr aufwändig gestaltet, wobei die vielen vergoldeten Heiligenfiguren besonders in Auge fallen.

Der größte Teil des einst sehr bedeutenden Domschatzes ging in den Wirren und den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs verloren. Die noch erhaltenen Stücke sind im kircheneigenen Museum ausgestellt, wo es auch noch ganz alte Fresken zu bewundern gibt.

Nach all den Besichtigungen tut es sicher gut, durch den Klostergarten zu spazieren, den man vom Kircheninneren aus erreicht. Hier überraschen besonders viele exotische Hölzer. Die viele Heilpflanzen vermutet man zwar schon eher in einer solchen Anlage, aber es sind auch erstaunlich viele sehr alte und inzwischen fast unbekannte dabei.

In unmittelbarer Nähe zur Kathedrale befindet sich der ehemalige Bischofspalast, in dem jetzt eine öffentliche Bibliothek untergebracht ist. Bei diesem doch immerhin auch wichtigen Gebäude hat man während der Bauzeit nicht ganz so viel Wert auf Prunk und Schönheit gelegt wie bei dem Gotteshaus. Aber immerhin handelt es sich hierbei um einen sehr schönen spätgotischen Bau.

Das zerstörte Rathaus wurde originalgetreu wieder aufgebaut

Auch auf den Erhalt der nicht sakralen Bauten haben die Stadtväter von Kamien Pomorski (Cammin) großen Wert gelegt. Das Rathaus etwa wurde im Zweiten Weltkrieg nahezu vollständig zerstört. Aber inzwischen hat man es – ganz dem gotischen Original entsprechend – wieder aufgebaut. Die kleine Stadt hatte übrigens bereits 1274 die Stadtrechte erhalten – da war es bald danach an der Zeit für ein angemessenes Rathaus.

Die alten Befestigungsanlagen sind fast komplett zerstört

Die Einwohner von Kamien Pomorski (Cammin) trieben regen Handel, vermutlich mit Edelsteinen, denen die Stadt ihren Namen verdankt. So brachten sie es zu einem beachtlichen Wohlstand und traten im 13. Jahrhundert der Hanse bei – höchste Zeit also für eine ausreichende Stadtbefestigung. In Richtung zum Wasser sind auch noch Überreste der alten Mauer zu sehen. In einem weitaus besseren Erhaltungszustand ist das Wolliner Tor, eines von ursprünglich fünf gotischen Stadttoren. Es erinnert fast an eine Trutzburg, so gewaltig ist es angelegt. Im Inneren ist heute das Stadtmuseum mit vielen Edelsteinen untergebracht.

Kulturelle Genüsse auf hohem Niveau

Die schöne Kathedrale von Kamien Pomorski (Cammin) ist alljährlich Schauplatz eines Orgel- und Kammermusikfestivals. Regelmäßig in den Monaten Juni bis September finden hier bedeutsame Konzerte statt, die weit über die Grenzen des Ortes hinaus bekannt sind. Die Orgel selbst können sich Interessierte übrigens separat erläutern lassen.

Auf dem Platz vor dem Rathaus gibt es speziell an den Sommerabenden immer wieder künstlerische Darbietungen – die Protagonisten sind weniger bekannt als die Teilnehmer des Festivals, aber ihre Vorführungen liegen dennoch auf sehr hohem Niveau.

Dziwnow (Dievenow)

Das Seebad Dziwnow (Dievenow) nennt man häufig in einem Atemzug mit Międzywodzie (Heidebrink). In der Tat handelt es sich in beiden Fällen um attraktive Badeorte, und sie liegen auch nur etwa sechs Kilometer auseinander. Hinzu kommt, dass sie auf schmalen Landzungen gelegen sind. – Allerdings gehört die von Dziwnow (Dievenow) zum polnischen Festland, während sich ihr Gegenüber auf der Insel Wollin befindet.

Wer Wasser liebt, ist in Dziwnow genau richtig, denn der Ort hat nicht nur den für Westpommern so charakteristischen weißen Sandstrand der Ostsee, sondern er grenzt im Süden auch an einen Binnensee.

Die ersten Urlauber kamen 1827 ins damalige Diewenow, und zwar hauptsächlich wegen der guten Luft und des insgesamt bekömmlichen Klimas. 1895 entdeckte man Solequellen, die für einen weiteren Anstieg der Gästezahlen, vor allem jetzt für den ausgesprochenen Kurbetrieb, sorgten. Ursprünglich bestand der Ort aus vier Teilen – inzwischen ist er zweigeteilt: Der eigentliche Kern liegt am Haff, während sich der Hafen am 100 Meter entfernten Ufer des Binnensees befindet. Beide Bereiche sind durch eine interessante Zugbrücke miteinander verbunden.

In Dziwnow (Dievenow) gibt es viele gemütliche Cafés und ansprechende Geschäfte. Eine Ausflugsattraktion ist die Fahrt im Piratenboot im Zalew Szczecinski (Oderhaff).